IT-Mythen: Entwickler arbeiten meistens nachts
Mit den Entwicklern ist es wie mit den Ostfriesen oder den Blondinen - sie haben mit jeder Menge Vorurteilen zu kämpfen. Die betreffen nicht etwa ihren Intellekt oder ihr Aussehen. Nein, zumeist sind die Bilder, die man spontan mit Developern in Zusammenhang bringt, eng an ihre Tätigkeit geknüpft.
Wir wollen die gängigsten Vorurteile genauer unter die Lupe nehmen und fragen uns:
WAS IST DRAN?
Vorurteil #1: Entwickler arbeiten am liebsten nachts!
Vielleicht kennen Sie das: Sie besuchen ein Unternehmen und der IT-Raum ist vergleichsweise leer. Relativ schnell die Erklärung:
“Unsere IT’ler kommen immer später rein, dafür bleiben sie dann meist auch bis tief in die Nacht.”
“Und bei Notfällen, die vor 12 Uhr mittags passieren können?”
“Die sind doch eh ständig online. Die lösen das von zuhause via VPN!”
Doch was ist der Grund dafür? Und stimmt es wirklich, dass ALLE Entwickler gern nachts arbeiten?
Ruhe statt Ablenkung
Wir gehen davon aus, dass nicht alle IT’ler vorzugsweise in den Abend- und Nachtstunden aktiv werden. Doch wenn sie es tun, gibt es dafür tatsächlich logische Gründe.
Programmieren, Tüfteln, Testen - diese Tätigkeiten verlangen Geduld, Ruhe und Konzentration. Und die hat man vor allem, wenn es im Büro mucksmäuschenstill ist. Also weder Kollegen, Vorgesetzte oder Gäste spontan hereinplatzen und über Bluescreens, das Kantinenessen oder neue Mitarbeiter lamentieren.
Nachteulen vs. Lerchen
Entwickler sind vorrangig Nachteulen. Dies belegt zum einen eine Studie an Teenagern der Universität von Madrid. Hier zeigte sich, dass die so genannten Nachteulen, also diejenigen, die morgens schwer aus dem Bett kommen und nachts noch einmal richtig aufdrehen, mitunter innovativer und kreativer denken, besser und schneller Zusammenhänge bilden - und die besser bezahlten Jobs bekommen. Die Frühaufsteher, die so genannten Lerchen, hätten zwar bessere Schulnoten, doch ist dies wohl eher auf den Wachheitsgrad während der Unterrichtsstunden zurückzuführen.
Zum anderen beschreibt der Entwickler Swizec Teller in seinem autobiografischen Buch “Why programmers work at night”, dass der Zwang zur Tagesarbeit durchaus schwerwiegende Konsequenzen haben kann. Zum Beispiel Burnout oder Depressionen. Und dass die Kunst des Programmierens im “Flow” liegt, also im konzentrierten, intrinsisch motivierten Arbeiten an einer Sache. Ohne Unterbrechung, ohne Ablenkung von Außen, ohne Zwang und ohne Druck.
Hier ein unterhaltsamer Vortrag von Swizec Teller zum Thema auf YouTube.
Flexible Arbeitszeiten und maximale Freiheit als Garant für motivierte Entwickler
Als Geschäftsführer oder Manager sollte man diese Erkenntnisse sehr ernst nehmen und bei der Personalsuche gerade im IT-Bereich maximale Freiräume einräumen. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice oder mobile Arbeitsmittel gehören dazu. Wird dies in der Stellenanzeige, auf der Unternehmenswebsite oder in den Social Media Kanälen glaubhaft vermittelt, dann beißen auch die High Potentials an.
Always on - mit den richtigen Tools
Natürlich muss am Ende des Tages das Ergebnis stimmen. Hilfreiche Tools und regelmäßiger Austausch im Team und darüber hinaus sind vor allem für Entwicklerteams obligatorisch. Denn selbst wenn das IT-Büro nicht besetzt ist, müssen Tickets bearbeitet und Milestones erreicht werden. Die nötige Transparenz können Projektmanagement-Tools wie Jira, Confluence oder Trello geben. Der zwischenmenschliche Austausch - persönlich, telefonisch oder via Video-Chat sollte regelmäßig und pointiert stattfinden.
Also was ist dran am Vorurteil?
Ziemlich viel. Doch das ist für Unternehmen und Teams vor allem ein Vorurteil. Lässt man Entwickler im Flow arbeiten, also dann, wenn sie stark intrinsisch motiviert und fit sind, dann kann man auch optimale Ergebnisse erwarten. Feste Bürozeiten und Anwesenheitspflichten sollten daher schnell aus der Unternehmensphilosophie verschwinden, wenn man kreative, innovative und motivierte IT-Mitarbeiter einstellen will.